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Die Strafbarkeit von Unternehmen – Verbandsverantwortlichkeit im Finanzstrafrecht:

5. November 2025
3 min Lesezeit

Seit 2006 gilt in Österreich das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG). Damit können neben Entscheidungsträgern und Mitarbeitern auch die Unternehmen selbst ins Visier der (Finanz-)Strafbehörden geraten.

In diesem Beitrag erfahren Sie kompakt,

  • wer als „Verband“ gilt,

  • wann ein solcher Verband haftet und

  • welche Strafen einem Verband im Finanzstrafrecht drohen.

Wer ist vom VbVG betroffen?

Unter das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz fallen:

  • Juristische Personen (z. B. GmbH, AG, Privatstiftungen)

  • Eingetragene Personengesellschaften

  • Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen

Nicht erfasst sind zB:

  • Einzelunternehmen

  • GesbR

  • Konzerne als Gesamtheit

Wann haftet ein Unternehmen im (Finanz-)Strafrecht?

Eine Haftung nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz tritt nicht automatisch ein.

Voraussetzung ist, dass eine (Finanz-)Straftat von einem Entscheidungsträger (z. B. Geschäftsführer, Vorstandsmitglied, Prokurist oder faktischer Machthaber) oder einem Mitarbeiter begangen wurde und diese Tat dem Unternehmen zugerechnet werden kann.

Eine Straftat ist dem Verband dann zurechenbar, wenn

  • die Tat zugunsten des Verbandes begangen wurde oder

  • durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.

Bei Entscheidungsträgern wird die Tat in der Regel direkt dem Unternehmen zugerechnet

Bei Mitarbeitern haftet der Verband nur dann, wenn mangelhafte Organisation oder fehlende Kontrolle die Tat ermöglicht oder wesentlich erleichtert hat.

Welche Strafen drohen Unternehmen?

Das VbVG sieht für Unternehmen Geldbußen vor. Der Strafrahmen richtet sich im Finanzstrafrecht – sofern gesetzlich keine spezielle Regelung vorgesehen ist – nach dem verkürzten Betrag. 

Hinweis: Die Beteiligung mehrerer Entscheidungsträger führt nicht zu mehreren Geldbußen; der Verband erhält eine Geldbuße, deren Strafrahmen dem der Entscheidungsträger entspricht.

Beispiel: Der Verband X hinterzieht durch ihre beiden Geschäftsführer A und B Abgaben iHv EUR 50.000 (= Verkürzungsbetrag) und macht sich so der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs 1 FinStrG schuldig. 

Die Abgabenhinterziehung wird gem § 33 Abs 5 FinStrG mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des maßgeblichen Verkürzungsbetrages geahndet.

Mögliche Strafen sind daher:

  • Entscheidungsträger A: 2 x EUR 50.000, Maximalstrafe daher EUR 100.000

  • Entscheidungsträger B: 2 x EUR 50.000, Maximalstrafe daher EUR 100.000

  • Verband X: 2 x EUR 50.000, Maximalstrafe ebenfalls EUR 100.000

Es erfolgt keine Summierung der strafbestimmenden Wertbeträge aller beteiligten Entscheidungsträger!

Im Finanzstrafrecht gibt es – anders als im allgemeinen (Wirtschafts-)Strafrecht – regelmäßig keine fixe Höchstgrenze einer Geldbuße. Vielmehr richtet sich die mögliche Strafe in den meisten Fällen nach dem verkürzten Betrag.

Hinweis: Über Verbände können sowohl bei gerichtlichen als auch bei verwaltungsbehördlichen Finanzvergehen Geldbußen verhängt werden. 

Strafbemessung: Wie hoch fällt die Strafe im Einzelfall aus?

Die Strafbemessung bestimmt, welche Strafe innerhalb des gesetzlichen Rahmens im konkreten Fall verhängt wird. Dabei spielen Milderungs- und Erschwerungsgründe eine wesentliche Rolle.

Strafmildernd wirken etwa:

  • Wiedergutmachung des entstandenen Schadens

  • aktive Kooperation der Verantwortlichen des Unternehmens mit den Behörden

Erschwerend sind insbesondere:

  • besonders hoher finanzieller Schaden

  • systematische Verstöße

  • Pflichtverstöße über einen längeren Zeitraum

Prävention statt Not-OP im (Finanz-)Strafrecht

Das wirksamste Mittel, um das Risiko einer Unternehmenshaftung zu minimieren, heißt: Prävention.

Wichtige Präventionsinstrumente sind dabei:

  • funktionierende Kontroll- und Überwachungssysteme,

  • klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten,

  • transparente Dokumentation aller Maßnahmen und Abläufe. 

Wenn es dennoch zu steuerlichen Verfehlungen gekommen sein sollte, kann eine allfällige Strafbarkeit möglicherweise noch durch eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG vermieden werden.

Sie möchten wissen, ob in Ihrem Fall noch eine wirksame Selbstanzeige möglich ist? Kontaktieren Sie uns hier, wir klären Sie auf.

Fazit

Das VbVG zeigt deutlich: Neben den Entscheidungsträgern können auch die Unternehmen selbst finanzstrafrechtlich belangt werden. Damit trägt die Organisation (Mit-)Verantwortung für ein allfälliges rechtswidriges Verhalten ihrer Mitarbeiter.

Sie haben Fragen zur Verbandsverantwortlichkeit oder benötigen Unterstützung in einem Finanzstrafverfahren? Aktivieren Sie jetzt Ihr Schutzschild – wir unterstützen Sie bei Prävention und Verteidigung.

Autoren

Mag. Beate Weisser

Mag. Beate Weisser

Rechtsanwältin für Wirtschaftsstrafrecht

RA Mag. Beate Weisser ist seit mehreren Jahren als Rechtsanwältin im Strafrecht tätig. Die Schwerpunkte ihrer Tätigkeit liegen dabei im Wirtschaftsstrafrecht, Finanzstrafrecht, Strafprozessrecht sowie auf dem Gebiet zivilrechtlicher Schnittstellen zum Strafrecht. Darüber hinaus hält sie regelmäßig Vorträge zu diversen Themenbereichen im Strafrecht.
Mag. Nina Dygruber

Mag. Nina Dygruber

Rechtsanwaltsanwärterin

Mag. Nina Dygruber ist seit September 2025 als Rechtsanwaltsanwärterin bei Eberl Legal in den Bereichen Wirtschafts- und Finanzstrafrecht tätig. Sie absolvierte ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien mit dem Schwerpunkt Strafjustiz und Kriminalwissenschaften. Bereits während ihres Studiums sammelte sie als studentische Mitarbeiterin in einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei wertvolle praktische Erfahrung, die sie nun gezielt in ihre Tätigkeit bei Eberl Legal einbringt.

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