Ankündigung einer Selbstanzeige ≠ Selbstanzeige (BFG RV/3300004/2021)
Schon die bloße Ankündigung einer Selbstanzeige für nicht erklärte Einnahmen kann zur Tatentdeckung dahingehend durch die Behörden führen und eine spätere (diese angekündigten Zeiträume und Steuern betreffende) tatsächlich erstattete Selbstanzeige wirkungslos machen.
Das Bundesfinanzgericht hat im September 2023 einen Fall entschieden, der zeigt: Eine Selbstanzeige schützt nur dann vor Strafe, wenn sie rechtzeitig und korrekt eingebracht wird.
Der Volltext zur Entscheidung ist abrufbar unter:
https://findok.bmf.gv.at/findok/resources/pdf/b159384c-d0b4-4680-9cb4-de5f9f60e150/142382.1.1.pdf
Kernpunkte der BFG-Entscheidung:
- Sachverhalt
- Der Beschuldigte war Obmann und Mitarbeiter zweier gemeinnütziger Vereine.
- Über mehrere Jahre gab er beim Finanzamt nicht sein gesamtes Einkommen an und zahlte dadurch zu wenig Einkommensteuer.
- Gegen den Beschuldigten wurde eine anonyme Anzeige eingebracht, in welcher ihm neben Finanzstraftaten auch Straftaten nach dem StGB vorgeworfen wurden. Gegen den Beschuldigten wurde daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des schweren Betruges und weiteren Straftaten eingeleitet. Zudem wurde ein Finanzstrafverfahren eingeleitet und erste Zeugen vernommen.
- Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wurde der Beschuldigte zur Einvernahme vor der LPD geladen. Bei dieser Einvernahme war dann auch ein Finanzbeamter anwesend.
- Bei seiner Einvernahme vor der LPD gestand der Beschuldigte weitere – den Behörden noch nicht bekannt gewesene – Zeiträume und somit neue Taten zu und kündigte zugleich an, in weiterer Folge noch eine Selbstanzeige beim Finanzamt erstatten zu wollen – in Anwesenheit des Finanzbeamten. Aufgrund der Angaben des Beschuldigten erlangte der Finanzbeamte bei der polizeilichen Einvernahme vor der LPD Kenntnis von neuen, der Behörde bis dahin noch nicht bekannt gewesene Taten.
- Die angekündigte Selbstanzeige beim Finanzamt reichte der Beschuldigte erst einige Wochen nach seiner Einvernahme bei der Polizei ein.
- Rechtliche Beurteilung der Selbstanzeige
- Eine Selbstanzeige wirkt nur dann strafbefreiend, wenn sie gegenüber der zuständigen Behörde erfolgt und rechtzeitig ist. Eine mündliche Selbstanzeige ist zwar grundsätzlich zulässig, im konkreten Fall erfolgte aber nur eine Ankündigung einer Selbstanzeige im Rahmen der polizeilichen Einvernahme. Eine bloße Ankündigung genügt allerdings für eine Straffreiheit nicht!
- Zeitpunkt entscheidend: Eine Selbstanzeige wirkt nur strafbefreiend, wenn die Tat objektiv noch nicht entdeckt ist. Als Entdecker iSd § 29 Abs 3 lit b) FinStrG kommen nicht nur die Finanzstrafbehörden, sondern auch die in den § 80 und § 81 FinStrG "in Pflicht" genommenen Behörden in Betracht. Sobald die Finanzstrafbehörde oder eine andere Behörde mit Meldepflicht von der Tat erfährt, gilt sie daher als „aufgedeckt“.
- Kenntnis des Anzeigers: Dem Anzeiger muss zudem auch bekannt gewesen sein, dass die Tat bereits ganz oder zum Teil objektiv entdeckt ist.
- Im konkreten Fall: Da der Finanzbeamte bei der Einvernahme vor der LPD anwesend war und vom Beschuldigten von neuen, ihm bzw den Behörden noch nicht bekannt gewesenen Taten Kenntnis erlangt hatte, galt sie bereits als entdeckt, was dem Anzeiger auch bekannt war. Damit konnte die später eingereichte Selbstanzeige keine strafbefreiende Wirkung mehr entfalten.
Fazit: Selbstanzeige schützt nur dann, wenn diese rechtzeitig erfolgt. Wann die Selbstanzeige noch rechtzeitig ist, wird explizit in § 29 Abs 3 FinStrG geregelt.
Eine Selbstanzeige schützt im Falle des § 29 Abs 3 lit b) FinStrG nur dann vor Strafe, wenn sie vor der objektiven Entdeckung der Tat durch die Behörden erstattet wird. Sobald die Tat bereits objektiv entdeckt wurde und dies dem (Selbst-)Anzeiger bekannt war, ist es für eine strafbefreiende Wirkung zu spät. Entscheidend ist also der richtige Zeitpunkt. Wer wartet, riskiert, dass die Selbstanzeige ins Leere geht.
Fehler bei der Selbstanzeige können schwerwiegende Folgen haben. Rechtliche Beratung schützt vor Formfehlern. Wir beraten Sie umfassend zu den Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige, unterstützen bei der Abwicklung und stehen Ihnen mit unserer Expertise im Finanzstrafrecht zur Seite.
Autorin: Alissa Victoria Hofer
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