Die unterlassene Abgabenerklärung – Das versteckte Haftungsrisiko für Steuerberater
In einem kürzlich ergangenen Judikat des BFG vom 03.09.2024, RV/7300031/2024, wurde entschieden, dass ein Steuerberater auch die Verantwortung dafür trägt, sämtliche erforderlichen Dokumente für die Jahressteuererklärung fristgerecht vor dem gesetzlichen Abgabetermin einzufordern und zu verarbeiten. Versäumt er diese Pflicht (obwohl die erforderlichen Unterlagen beim Steuerpflichtigen vorlagen), ist der Steuerberater bei Unterlassung der Einreichung als unmittelbarer Täter einer (versuchten) Abgabenhinterziehung anzusehen.
In einem kürzlich ergangenen Judikat des BFG vom 03.09.2024, RV/7300031/2024, wurde entschieden, dass ein Steuerberater auch die Verantwortung dafür trägt, sämtliche erforderlichen Dokumente für die Jahressteuererklärung fristgerecht vor dem gesetzlichen Abgabetermin einzufordern und zu verarbeiten. Versäumt er diese Pflicht (obwohl die erforderlichen Unterlagen beim Steuerpflichtigen vorlagen), ist der Steuerberater bei Unterlassung der Einreichung als unmittelbarer Täter einer (versuchten) Abgabenhinterziehung anzusehen.
Die praktische Bedeutung dieser Entscheidung ist erheblich, da es nicht selten vorkommt, dass Abgabenerklärungen nicht innerhalb der gesetzlichen Fristen eingereicht werden. Damit Sie Ihr Haftungsrisiko besser abschätzen können, möchten wir im folgenden Beitrag aufzeigen, wie eine Abgabenhinterziehung durch Unterlassung verwirklicht werden kann und welche (finanzstrafrechtliche) Rolle dabei dem Steuerberater zukommt.
- Gesetzliche Grundlage:
§ 33 Abs. 1 FinStrG definiert die Abgabenhinterziehung als vorsätzliche Verkürzung von Abgaben unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht. Die Tathandlung kann dabei sowohl durch aktives Tun als auch durch Unterlassen verwirklicht werden.
Eine Abgabenhinterziehung durch Unterlassung kommt dann in Betracht, wenn die Abgabenerklärung nicht innerhalb der (gesetzlichen) Frist eingereicht wird und es dadurch zu keiner oder einer zu niedrigen Steuerfestsetzung kommt. Diese gesetzlichen Erklärungsfristen sind grundsätzlich den jeweiligen Materiengesetzen zu entnehmen.[1]
- Bewirken einer Abgabenverkürzung (§ 33 Abs 3 FinStrG)
Für die Bewirkung einer Abgabenhinterziehung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben regelt § 33 Abs 3 lit a FinStrG zwei Fälle:
- Die unrichtige Erklärungsabgabe
- Das gänzliche Unterlassen einer Erklärung
Im Falle der Nichtabgabe einer Steuererklärung findet sich jedoch noch eine Besonderheit im § 33 Abs 3 lit a FinStrG, nämlich heißt es im Gesetz:
„(3) Eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 ist bewirkt,
a) mit Bekanntgabe des Bescheides oder Erkenntnisses, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder ,“
Eine Voraussetzung für die Bewirkung einer Abgabenverkürzung durch Nichterfüllung einer Erklärungs-, Anmelde- oder Anzeigepflicht ist somit, dass der Abgabenbehörde die Entstehung des Abgabenanspruches überhaupt nicht bekannt geworden ist. Dies ist zB dann der Fall, wenn das Finanzamt von der Aufnahme einer unternehmerischen Tätigkeit nichts gewusst hat.
War hingegen das Entstehen des Abgabenanspruchs dem Grunde nach bekannt, so kann die Abgabenverkürzung nicht mehr nach § 33 Abs 3 lit a 2. Halbsatz FinStrG bewirkt werden. Eine Abgabenverkürzung wäre hierbei nur dann verwirklicht, wenn die Abgabenbehörde aufgrund der Nichtabgabe im Schätzungswege eine zu niedrige Abgabenfestsetzung vornimmt. Damit wird die Verkürzung in Folge aber gemäß § 33 Abs 3 lit a 1. Halbsatz FinStrG mit Bescheiderlassung verwirklicht, nicht mehr unmittelbar durch Unterlassung gemäß des 2. Halbsatzes.
Das bedeutet, dass etwa ein bereits wegen der Veranlagung zur Einkommensteuer beim Finanzamt geführter Abgabepflichtiger durch das Unterlassen der Abgabe von Steuererklärungen für ein Veranlagungsjahr keine Abgabenverkürzung hinsichtlich der bekannten Abgabenpflichten nach § 33 Abs 3 lit a 2. Halbsatz FinStrG bewirken kann. Diese Pflichtverletzung ist dann nur mehr als Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG strafbar, sofern nicht eine Abgabenverkürzung (zB durch eine zu niedrige Schätzung) bewirkt wird. Nach der Rsp des OGH (OGH 18.2.1999, 12 Os 139/98) kann aber selbst dann, wenn das Entstehen des Abgabenanspruches an sich bekannt war, die Nichtabgabe einer Steuererklärung eine versuchte Abgabenhinterziehung darstellen, wenn der Täter mit der Nichtabgabe der Steuererklärung eine zu niedrige Festsetzung erreichen wollte, sofern der sich darauf beziehende Vorsatz erwiesen werden kann.
In diesem Zusammenhang möchten wir anmerken, dass es sich hierbei um eine vereinfachte Darstellung der Abgabenverkürzung durch Unterlassung handelt. Im praktischen Anwendungsfall können weitere spezifische Umstände auftreten, die einer individuellen Prüfung des jeweiligen Sachverhalts im Einzelfall bedürfen.
- Haftung des Steuerberaters bei Nichtabgabe der Erklärung
Am Beispiel: BFG vom 03.09.2024, RV/7300031/2024:
Ein Abgabenpflichtiger beauftragte seinen Steuerberater (den Beschuldigten) mit seiner steuerlichen Vertretung, wobei vereinbart wurde, dass der Steuerberater die Jahressteuererklärungen erstellen sollte. Den Steuerberater traf daher kraft freiwilliger Pflichtenübernahme die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten des Abgabenpflichtigen hinsichtlich der Einreichung der Jahressteuererklärung 2016, 2017, 2018 und 2019 (§§ 133, 134 BAO).
Hinweis: Der beschuldigte Steuerberater ist demnach als unmittelbarer Täter anzusehen, da er sich vertraglich verpflichtet hat, die steuerlichen Agenden seines Mandanten wahrzunehmen und die verfahrensgegenständlichen Jahreserklärungen einzureichen.
Die für die Erstellung der verfahrensgegenständlichen Jahreserklärungen erforderlichen Unterlagen waren im Zeitpunkt des Eintrittes der Erklärungsverpflichtung vollständig beim Abgabepflichtigen vorhanden. Der Steuerberater hat es jedoch unterlassen, sich diese vollständigen Unterlagen von seinem Mandanten fristgerecht zu besorgen.
Es wäre dem Steuerberater daher oblegen für seinen Mandanten die Steuererklärungen fristgerecht (zu erstellen und) einzureichen, jedoch hat er dies in Kenntnis seiner Verpflichtung unterlassen und somit die Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige- und Offenlegungsverpflichtung ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden.
Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergingen nachfolgend Schätzungsbescheide für die Jahre 2016, 2017 und 2018, welche jeweils zu Abgabennachforderungen führten. Ein (anderer) neuer steuerlicher Vertreter konnte im Rechtsmittelverfahren niedrigere Festsetzungen auf Basis der tatsächlichen Unterlagen erwirken.
Weil daher in den Jahren 2016-2018 aufgrund der unterlassenen Einreichungen zwar Offenlegungspflichtverletzungen vorlagen, aber wegen der zu hohen Schätzung der Abgabenbehörde keine Abgabenverkürzung eingetreten ist, hat der für die Einreichung der Steuererklärungen 2016-2018 beauftragte Steuerberater als unmittelbarer Täter durch seine Unterlassung der Erklärungseinreichung „nur“ das Delikt der Finanzordnungswidrigkeiten nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklicht (= Verletzung von Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten, ohne hierdurch den Tatbestand eines anderen Finanzvergehens zu erfüllen).
Für das Jahr 2019 basierte die Abgabenfestsetzung letztlich auf einer nach Fristablauf eingereichten Jahreserklärung. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte die Abgabenbehörde nur die geleisteten Einkommensteuer-Vorauszahlungen in Höhe von etwa der Hälfte der tatsächlichen Steuerschuld.
Das Gericht ging davon aus, dass es der beschuldigte Steuerberater zum Tatzeitpunkt ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass die Behörde auf Basis ihrer unvollständigen Kenntnislage das wahre Einkommen des Abgabepflichtigen zu niedrig schätzen und dementsprechend eine zu geringe Einkommensteuer festsetzen würde.
Deswegen wurde der Differenzbetrag zwischen Vorauszahlungen und tatsächlicher Zahllast an Einkommensteuer 2019 objektiv als strafbestimmender Wertbetrag einer versuchten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 angesetzt (die Finanzordnungswidrigkeit wurde durch die Abgabenhinterziehung konsumiert).
- Folgen und Risiken für Steuerberater
Einen Steuerberater trifft kraft freiwilliger Pflichtenübernahme die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten seiner Mandanten im Umfang der jeweiligen Beauftragung.
Kommt es dahingehend zu Pflichtverletzungen, ist der Steuerberater als unmittelbarer Täter anzusehen, da er sich vertraglich verpflichtet hat, die steuerlichen Agenden seines Mandanten im Umfang der Beauftragung wahrzunehmen.
Die neuerliche BFG-Judikatur bestätigt, dass ein Steuerberater nach Beauftragung auch die Verantwortung dafür trägt, sämtliche erforderlichen Dokumente für die Jahressteuererklärungen fristgerecht vor dem gesetzlichen Abgabetermin einzufordern und zu verarbeiten. Versäumt er diese Pflicht (obwohl die erforderlichen Unterlagen beim Steuerpflichtigen vorlagen), ist der Steuerberater bei Unterlassung der Einreichung gegebenenfalls als unmittelbarer Täter einer versuchten Abgabenhinterziehung anzusehen.
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[1]Besonderes Augenmerk gilt hier auch der Neuregelung im § 134a BAO.
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