Fußfessel statt Gefängnis: Strafvollzug in Österreich vor einem Wendepunkt
Die geplante Reform des Strafvollzugsgesetzes (StVG) betreffend den elektronisch überwachten Hausarrest, besser bekannt als „Fußfessel“, bringt tiefgreifende Änderungen für den österreichischen Strafvollzug – mit Chancen für viele Verurteilte. Erfahren Sie nachfolgend mehr über die wichtigsten geplanten Änderungen und wie der elektronisch überwachte Hausarrest zur echten Alternative zur Haftzeit wird.
Was sich jetzt konkret ändern soll und was das für Betroffene bedeutet:
Ausweitung auf Freiheitsstrafen bis zu 24 Monaten (Rest-)haft
Bislang war der elektronisch überwachte Hausarrest lediglich für kürzere Freiheitsstrafen im Ausmaß von 12 Monaten zulässig bzw wenn die noch zu verbüßende Haftzeit 12 Monate nicht übersteigt. Künftig soll laut Reformvorschlag des Budgetbegleitgesetzes 2025 § 156c Abs. 1 Z 1 StVG wie folgt geändert werden:
„…dass die zu verbüßende oder noch zu verbüßende Strafzeit 24 Monate nicht übersteigt oder voraussichtlich nicht übersteigen wird.“
Damit können ferner auch Personen mit längeren Haftstrafen vom elektronisch überwachten Hausarrest profitieren – ein bedeutender Schritt insbesondere für Ersttäter und wirtschaftsstrafrechtlich Verurteilte mit stabiler Lebensführung.
Antrag bereits vor Haftantritt möglich
Verurteilte sollen künftig bereits in der Aufforderung zum Strafantritt über die Möglichkeit des elektronisch überwachten Hausarrests informiert werden. Gleichzeitig soll ermöglicht werden, bereits vor Haftantritt einen Antrag auf elektronisch überwachten Hausarrest zu stellen. Bis zur Entscheidung über diesen Antrag soll der Strafantritt aufgeschoben werden.
Wichtig: Verurteilungen aufgrund von schwerer Gewalt-, Sexualdelikte oder terroristischer Strafsachen sind von der geplanten Neuregelung weiterhin ausgenommen!
Elektronisch überwachter Hausarrest als moderner Entlassungsvollzug
Auch §§ 144 bis 147 StVG – die Bestimmungen zum Entlassungsvollzug – sollen künftig den elektronisch überwachten Hausarrest stärker integrieren. Vorgesehen ist demnach:
- Zu Beginn des Entlassungsvollzugs eine amtswegige Prüfung der Möglichkeit eines weiteren Vollzugs in Form eines elektronisch überwachten Hausarrests,
- Unterstützung bei der Vorbereitung der Voraussetzungen (Wohnsituation, Beschäftigung)
- und optional die Anwendung von Fußfesseln auch bei noch nicht erfüllten, aber absehbar erreichbaren Voraussetzungen (z.B. Arbeitstraining).
Mehr Freiheit bei Wohlverhalten – auch im elektronisch überwachten Hausarrest
Analog zu Lockerungen im geschlossenen Vollzug sollen bei längerem elektronisch überwachtem Hausarrest künftig Zeiten außerhalb der Unterkunft möglich sein – etwa für Sport, soziale Kontakte oder Freizeitgestaltung. Diese Maßnahme zielt auf:
- Vermeidung psychischer Krisen,
- Reduktion von Abbrüchen,
- Stärkung der Resozialisierung.
Eine mehrmonatige Erprobungsphase soll dabei helfen, individuelle Lockerungen zu gewähren – ein Modell, das sich auch in der Praxis bewährt hat.
Legistischer Fahrplan und Inkrafttreten der Reform
Die Novelle befindet sich derzeit im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren und sollvoraussichtlich Mitte Juni im Plenum abschließend beraten und beschlossen werden. Das Inkrafttreten ist mit 1. September 2025 vorgesehen.
Wir beobachten die weitere Entwicklung genau und halten Sie über den legislativen Fortschritt sowie die konkreten Auswirkungen auf die Praxis des Strafvollzugs auf dem Laufenden!
Modernisierung mit Perspektive: Die „Fußfessel“ als Chance im Strafvollzug
Die geplante Ausweitung des elektronisch überwachten Hausarrests („Fußfessel“) stellt einen bedeutsamen Paradigmenwechsel im österreichischen Strafvollzugsrecht dar und unterstreicht hierdurch die zunehmende Differenzierung im Strafvollzug, wodurch auch rechtskräftig Verurteilten neue Handlungsspielräume eröffnet werden. Die angestrebte Neuregelung reflektiert sohin das Bestreben des Gesetzgebers, vollzugstaugliche Alternativen zur Freiheitsstrafe in Strafhaft zu schaffen, die sowohl dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit als auch dem Resozialisierungsgedanken Rechnung tragen.
Sohin stellt etwa im Bereich der Vermögens- und Wirtschaftskriminalität ein Strafvollzug im Sinne einer elektronischen Aufsicht eine sachlich und rechtlich angemessene Alternative zur klassischen Freiheitsstrafe dar.
Aus Sicht der Verteidigung ist klar: Wer rechtzeitig handelt, hat bessere Chancen. Eine frühzeitige Prüfung der Voraussetzungen für den elektronisch überwachten Hausarrest – sei es vor dem Strafantritt oder im Hinblick auf eine vorzeitige Entlassung – kann entscheidend sein. Die dafür geltenden Fristen sind oft eng bemessen, rasches Handeln daher essenziell.
Wenn Sie selbst oder jemand in Ihrem Umfeld von einer bevorstehenden Haft betroffen ist, sollten Sie Ihre Möglichkeiten rechtlich abklären lassen. Wir prüfen sorgfältig, ob ein Antrag auf Fußfessel im konkreten Fall Aussicht auf Erfolg hat – und begleiten Sie durch das gesamte Verfahren.
Denn erfolgreiche Verteidigung endet nicht mit dem Urteil – sondern schließt auch die Gestaltung des Vollzugs mit ein.
Lassen Sie uns über Ihre Möglichkeiten sprechen – vertraulich, kompetent und vorausschauend.
Ob als Alternative zur Haft oder im Rahmen einer vorzeitigen Entlassung: Wir beraten Sie fundiert zur Fußfessel und setzen Ihre Rechte konsequent durch.
Autoren: Mag. Beate Weisser und Stephanie Lassbacher, LL.B.
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