Zwischen Geschäftsrisiko und Untreue: Die schmale Gratwanderung für Entscheidungsträger
Führen heißt entscheiden. Doch unternehmerische Entscheidungen sind heute jedoch nicht nur wirtschaftlich relevant, sondern können auch strafrechtlich riskant sein.
Als Geschäftsführer, Vorstand oder Unternehmer bewegen Sie sich täglich im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Handeln und rechtlicher Verantwortung. Einerseits sind Sie verpflichtet, unternehmerische Entscheidungen zu treffen und Risiken einzugehen, andererseits drohen bei Fehlentscheidungen nicht nur zivilrechtliche Konsequenzen, sondern mitunter auch der strafrechtliche Vorwurf der Untreue (§ 153 StGB).
In diesem Beitrag erfahren Sie,
- was unter Untreue nach § 153 StGB zu verstehen ist,
- welche typischen Risikobereiche sich in der Praxis zeigen,
- wie Sie sich absichern können, und
- was im Ernstfall zu beachten ist.
Was ist Untreue nach § 153 StGB?
Das österreichische Strafgesetzbuch definiert Untreue als einen wissentlichen Missbrauch der Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wodurch dieser am Vermögen geschädigt wird.
Vereinfacht gesagt:Ein Entscheidungsträger begeht Untreue, wenn er eine unternehmerische Entscheidung trifft, die er zwar nach außen hin rechtlich entscheiden kann (zB auf Basis einer Vertretungsmacht), dies aber im Innenverhältnis aus verschiedensten Gründen nicht darf. Kommt es dadurch zu einem Vermögensschaden beim Vollmachtgeber, kann Untreue im strafrechtlichen Sinne vorliegen.
Beispiel:
Ein Geschäftsführer hat bei einer Beauftragung die Wahl zwischen
- Anbieter A (günstigere Preise und bessere Qualität) und
- Anbieter B (30% teurer, schlechtere Qualität).
Auch wenn dies eindeutig gegen die Interessen der Gesellschaft verstößt, entscheidet sich der Geschäftsführer bewusst für den teureren und schlechteren Anbieter B, weil dessen Inhaber ein privater Freund ist.
Strafrahmen bei Untreue
Die Strafandrohung richtet sich nach der Schadenshöhe:
- bis € 5.000 Schaden: Geldstrafe oder bis zu 6 Monate Freiheitsstrafe
- über € 5.000: Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahre
- über € 300.000: Freiheitsstrafe von 1 bis 10 Jahren
Einige typische Risikobereiche aus der Praxis
- Eigengeschäfte und Interessenkonflikte:
- Geschäfte zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer oder nahestehenden Personen sind besonders riskant. Hier gilt es, marktübliche Konditionen einzuhalten und Transparenz zu schaffen.
- Riskante Investitionen:
- Hochspekulative Geschäfte können – insbesondere bei Scheitern – als Untreue gewertet werden, vor allem dann, wenn sie nicht dem Gesellschaftszweck entsprechen oder unverhältnismäßig sind.
- Unangemessene Vergütungen und Sonderzahlungen:
- Überhöhte Gehälter, Boni oder sonstige fremdunübliche Sonderleistungen führen in der Praxis regelmäßig zu strafrechtlichen Vorwürfen.
- Kredite und Bürgschaften:
- Die Gewährung von Darlehen oder Bürgschaften ohne angemessene Sicherheiten bergen erhebliche Risiken und können den Tatbestand der Untreue nach § 153 StGB erfüllen.
Schutz durch die Business Judgement Rule
Aber: Nicht jede unternehmerische Entscheidung, die sich im Nachhinein als nachteilig erweist, führt zu einem Vorwurf der Untreue nach § 153 StGB.
Entscheidungsorgane genießen daher unter bestimmten Voraussetzungen einen rechtlichen Schutz, sofern sie ihre Entscheidungen sorgfältig, informiert und im guten Glauben treffen. Das dahingehende Prüfschema lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen:
- Zuständigkeit: Die Entscheidung muss in den Kompetenzbereich des Entscheidungsorgans fallen (unter Beachtung gesellschaftsvertraglicher Bestimmungen);
- Informationsgrundlage: Es muss sichergestellt werden, dass sämtliche verfügbaren Informationen in der Entscheidung berücksichtigt werden (Handlungsmöglichkeiten, Annahmen, Risiken usw);
- Sorgfaltsmaßstab: Der Entscheidungsträger muss die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwenden und darf sich nicht von sachfremden oder Eigeninteressen leiten lassen;
- Gesellschaftsinteresse: die Entscheidung muss in der Überzeugung getroffen werden, dass sie im besten Interesse der Gesellschaft ist.
Wichtig: Die BJR ist kein Freibrief – sie schützt nur bei gut dokumentierten und nachvollziehbaren Entscheidungen.
Sicher entscheiden – richtig handeln
- Dokumentation ist alles: Jede wichtige Geschäftsentscheidung sollte ausführlich dokumentiert werden. Die Beweggründe, durchgeführte Prüfungen und Alternativen müssen nachvollziehbar sein.
- Vier-Augen-Prinzip: Bedeutende Entscheidungen sollten niemals allein getroffen werden. Beiräte, Aufsichtsräte oder externe Berater können wertvolle Absicherung bieten.
- Markt- und Fremdüblichkeit prüfen: Insbesondere bei Geschäften mit nahestehenden Personen ist die Einholung von Vergleichsangeboten oder Bewertungen durch unabhängige Experten empfehlenswert.
- Gesellschaftsrechtliche Beschlüsse: Wichtige Entscheidungen sollten ordnungsgemäß durch die zuständigen Gesellschaftsorgane beschlossen werden.
Frühzeitige Beratung: Verantwortung bewusst absichern
Ein Untreueverfahren kann für Entscheidungsträger zur enormen Belastung werden – wirtschaftlich, beruflich und persönlich. Wer frühzeitig handelt, statt nur zu reagieren, verschafft sich nicht nur rechtliche Sicherheit, sondern auch Handlungsfähigkeit im Ernstfall.
Strategische Rechtsberatung im Vorfeld entscheidender Maßnahmen – sei es bei Investitionen, Verträgen, internen Strukturen oder Geschäftsführungsentscheidungen – reduziert das Risiko strafrechtlicher Angriffsflächen erheblich.
Sie tragen Verantwortung – Wir sichern sie rechtlich ab.
Ob zur präventiven Absicherung oder im Fall konkreter Vorwürfe – wir stehen Ihnen mit juristischer Expertise und wirtschaftlichem Verständnis zur Seite.
Autoren: Mag. Beate Weisser, Felix Melzer
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