„Handysicherstellung NEU“: Wie die geplante Neuregelung den Zugriff auf Ihre Daten verändern könnte
Die digitale Welt stellt Strafverfolgungsbehörden vor immer neue Herausforderungen, insbesondere bei der Sicherstellung und Auswertung von Mobiltelefonen und Datenträgern. Durch neue Entscheidungen und den Gesetzesantrag vom 20. November 2024 wird die Debatte nun mit neuen Impulsen angestoßen.
Warum gibt es eine Neuregelung?
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) erklärte am 14. Dezember 2023 in seinem Erkenntnis (G 352/2021-46) die bisherigen Regelungen zur Sicherstellung und Auswertung von Datenträgern (§§ 110 und 111 StPO) für verfassungswidrig. Diese Entscheidung wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 4. Oktober 2024 weiter untermauert. Die bestehenden Regelungen werden ab 1. Januar 2025 aufgehoben, sodass eine Neuregelung erforderlich wird, um den behördlichen Zugriff auf Datenträger wie Handys und Laptops neu zu gestalten.
Das Bundesministerium für Justiz nahm mit einem Mitte November 2024 versendeten Erlass an die Oberstaatsanwaltschaften geplante Änderungen vorbehaltlich der konkreten Neuregelung vorweg, welche durch das unmittelbar anwendbare Urteil des Europäischen Gerichtshofs erforderlich wurden. ÖVP und Grüne schlagen nunmehr mit einem Gesetzesantrag vom 20. November 2024 eine Neuregelung des Strafprozessrechts in Bezug auf den behördlichen Zugriff auf Daten und Datenträger vor. Das entsprechende Gesetz soll bis Ende des Jahres 2024 verabschiedet werden.
Die geplanten neuen Regelungen im Überblick:
1. Strikte Trennung von Sicherstellung und Auswertung
Eine gegenstandsbezogene Sicherstellung (z. B. eines Handys) darf nicht automatisch zu einer umfassenden datenbezogenen Auswertung führen. Jede Auswertung bedarf einer gesonderten Anordnung und detaillierten Begründung. In der gerichtlich bewilligten Anordnung müssen die zu beschlagnahmenden Daten nach Kategorie (zB Kommunikationsdaten, Metadaten, Fotos, Videos, Standortdaten), Inhalt (Ermittlungsgegenstand) und relevantem Zeitraum umschrieben werden. Nur in Ausnahmefällen darf die Kriminalpolizei Datenträger ohne vorherige staatsanwaltschaftliche Anordnung und gerichtliche Bewilligung vorläufig sicherstellen (und diese auch auswerten), dies insbesondere bei Betretung auf frischer Tat, bei drohendem Datenverlust oder in gesetzlich normierten Fällen zur Aufenthaltsermittlung flüchtiger Beschuldigter.
2. Detaillierte Regelung der Datenaufbereitung und Datenauswertung
Die beschlagnahmten Daten sind gemäß der gerichtlich bewilligten Anordnung nach Kategorien, Inhalt und Zeitraum zu filtern und aufzubereiten. Nur das Ergebnis dieser gefilterten und eingegrenzten Daten darf durch die Staatsanwaltschaft inhaltlich ausgewertet werden. Der Entwurf zur Neuregelung der Handysicherstellung sieht jedoch keine separate personelle und organisatorische Trennung zwischen der Aufbereitung und der Auswertung der sichergestellten Daten vor.
3. Einschränkung des Auswertungsumfangs
Die Auswertung ist auf die notwendigen Daten zu beschränken. Sollten während der Ermittlungen zusätzliche Daten benötigt werden, ist eine neue Anordnung erforderlich. Daten unbeteiligter Dritter, welche sich ebenso auf dem betroffenen Datenträger befinden könnten, dürfen weder unkontrolliert ausgewertet noch dauerhaft gespeichert werden
4. Ausnahmen für öffentliche Aufzeichnungen
Die Neuregelungen finden keine Anwendung auf punktuelle Daten oder Aufzeichnungen von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten, die an öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Orten erfasst werden (z.B. Aufnahmen von Überwachungskameras). In diesen häufig vorkommenden Fällen kann die Sicherstellung weiterhin auf Anordnung der Staatsanwaltschaft ohne vorherige gerichtliche Bewilligung erfolgen.
5. Transparenz und Mitwirkungsrechte von Beschuldigten
Beschuldigte haben das Recht, durch Vorschläge von Selektoren oder Datenkategorien aktiv an der Suche nach entlastenden Beweisen mitzuwirken. Zudem sind unzulässig ermittelte Daten umgehend zu löschen. Dies erhöht die Transparenz und Wahrung von Verteidigungsrechten.
Fazit – Was bedeuten die geplanten Änderungen in der Praxis?
Die Neuregelung zur Beschlagnahme und Auswertung von Daten und Datenträgern ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Klarheit und Transparenz im Strafverfahren. Wann genau und in welcher Ausgestaltung das Gesetz letztlich erlassen wird, bleibt abzuwarten. Es bleibt außerdem spannend, ob die neuen Vorschriften den strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen dauerhaft gerecht werden.
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