Kritische Betriebsprüfung® – "Querschläger – the dark side" (Teil 1)
Querschläger bei einer kritischen Betriebsprüfung erfolgreich ins „Licht“ führen

Bei kritischen Betriebsprüfungen, welche aufgrund der steuerlichen Gebarung mit hoher Sicherheit zu einem nachfolgenden Finanzstrafverfahren führen, liegt das Augenmerk auf jeder Prozessstufe des 7- Stufenmodells darin, dieses Risiko zu beseitigen, soweit möglich. Nicht vergessen werden dürfen dabei "Querschläger“.
Was sind "Querschläger":
Querschläger sind Auswirkungen, die erst dadurch entstehen, dass Sachverhalte offengelegt werden und erst durch diese Offenlegung nachteilige Konsequenzen in anderer Form hervorrufen. Querschläger finden sich vielfach im strafrechtlichen Kontext. Beispielsweise werden durch eine Selbstanzeige Sachverhalte den Behörden offengelegt, welche nicht nur im finanzstrafrechtlichen Zusammenhang zu sehen sind.
Liegen derartige Sachverhalte vor, besteht die evidente Gefahr, dass zwar die Selbstanzeige strafaufhebend wirkt, aber dadurch auch strafrechtliche relevante Delikte "aufs Tapet" kommen, die von derSelbstanzeige nicht umfasst sind.
Dazu zählen beispielsweise die möglichen strafrechtlichen Begleitdelikte bei Lohnsteuer-und Sozialversicherungsprüfungen (§§ 153c, 153d StGB) oder infolge von Aufträgen zur Prüfung von Beihilfen und Förderungen (§ 153b StGB) sowie Untreue (§ 153 StGB) und Veruntreuung (§ 133 StGB).
Sanierung der „Querschläger“ durch tätige Reue:
Im Gegensatz zur Selbstanzeige zur Sanierung von finanzstrafrechtlich relevanten Delikten ist die Sanierung im strafrechtlichen Kontext durch die tätige Reue geprägt, sofern das jeweilige Delikt reuefähig ist. Die Möglichkeit der tätigen Reue ist im StGB entweder bei den einzelnen Delikten selbst oder durch die Zentralbestimmung im § 167 StGB geregelt, welche bestimmte Vermögensdelikte abschließend aufzählt.
Auf den Punkt gebracht, kommt dem Täter gemäß § 167 StGB tätige Reue zustatten und kommt es zu seiner Straflosigkeit, wenn er, bevor die Behörde (§ 151 Abs. 3 StGB) von seinem Verschulden erfahren hat, freiwillig den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder sich vertraglich verpflichtet, binnen einer bestimmten Zeit eine betragsmäßig fixierte Gutmachung zu leisten. Es sind daher die Rechtzeitigkeit und die vollständige Schadensgutmachung sowie die Freiwilligkeit zentraler Teil der tätigen Reue.
Die Schadensgutmachung verlangt die Herstellung des Zustands, der vor der Tat gegeben war, und tritt ein, sobald der ganze aus der Tat entstandene Schaden gutgemacht wird. Um strafaufhebende Wirkung zu erlangen, muss dieser vollständig, ohne Bedingung und ohne Gegenleistung erfolgen. Die Bereitschaft oder die bloße Möglichkeit des Täters zur jederzeitigen Schadensgutmachung reicht nicht aus. Nicht erforderlich ist, dass sich der Täter bei der Schadensgutmachung als solcher zu erkennen gibt. Er kann auch anonym bleiben, und es steht ihm frei, sich bei der Schadensgutmachung eines Vertreters zu bedienen. Hat sich der Täter vertraglich zur Schadensgutmachung verpflichtet und hält er seine vertragliche Verpflichtung nicht ein, so lebt die Strafbarkeit wieder auf. Die Schadensgutmachung muss rechtzeitig und freiwillig erfolgen. Das Freiwilligkeitserfordernis hat in der Praxis keine allzu große Bedeutung, da die Freiwilligkeit sehr großzügig geregelt ist. Die Schadensgutmachung muss erfolgen, ohne dass der Täter hierzu gezwungen ist, wobei Andringen des Verletzten (selbst in Form einer Drohung mit Klage oder Strafanzeige) noch nicht als Zwang gewertet wird.
Eine größere Rolle – insbesondere vor dem Hintergrund der Einbringung einer Selbstanzeige – spielt die Rechtzeitigkeit, welche aufgrund ihrer Relevanz gesondert in Teil 2 dieser Reihe behandelt werden wird. Wesentliches voraus: Es muss bei Offenlegung des Sachverhalts in einer Selbstanzeige nach § 29 FinStrG immer sichergestellt werden, dass dieser nach Einbringung der Selbstanzeige nicht zu einer Tatentdeckung i.S.d. § 167 StGB führt. Werden einer zur Strafverfolgung berufenen Behörde konkrete Anhaltspunkte dafür bekannt, dass der Täter die Straftat begangen hat, ist die Rechtzeitigkeit nicht mehr gegeben und tätige Reue i.S.d. § 167 StGB nicht mehr möglich. Aus diesem Grund ist in diesen Fallkonstellationen besondere Vorsicht geboten.
Vermeidung von Kardinalfehlern bei tätiger Reue:
In diesem Teil 1 sollen zwei Kardinalfehler besonders hervorgehoben werden. Einerseits der Umstand, dass es sich bei der tätigen Reue um ein Sanierungsinstrument im StGB handelt und im strafrechtlichen Bereich der Steuerberater nicht vertretungsbefugt ist. Der Steuerberater kann daher eine tätige Reue für seinen Klienten nicht erstatten, da er insoweit vollmachtslos handelt.
Des Weiteren – und das ist in der Praxis der häufigste und schlimmste Fall – liegt ein Kardinalfehler darin, dass es im Rahmen der Schadensgutmachung einen wesentlichen Unterschied zwischen tätiger Reue und Selbstanzeige gibt. Denn sieht die Selbstanzeige nach § 29 FinStrG auch eine strafaufhebende Wirkung vor, insofern eine Schadensgutmachung erfolgt, ist dieses „Zauberwort“ bei der tätigen Reue nicht vorhanden.
Straffreiheit tritt nur ein, wenn der gesamte aus der Tat entstandene Schaden tatsächlich gutgemacht wird. Auf den Punkt gebracht: 1 EUR zu wenig an Schadensgutmachung und die gesamte tätige Reue wirkt nicht strafaufhebend.
Einordnung der Sanierung der „Querschläger“ inden 7-Stufenplan:
Die Sanierung der „Querschläger“ lässt sich problemlos in das 7-Stufenmodell einordnen

Da die Sanierung von „Querschlägern“ einem völlig anderen Regime folgen und daher von den Rechtzeitigkeitsüberlegungen des § 29 FinStrG losgelöst ist, können Strategieüberlegungen praktisch auf jeder Prozessstufe erfolgen. Vorausgesetzt, die im Regime der „tätigen Reue“ erforderlichen Wirksamkeitserfordernisse sind noch vollständig vorhanden. Dies gilt sowohl bei § 147 BAO-Prüfungen und im besonderen Maß für „99-F“-Prüfungen, d.h. bei Prüfungen, welche schon durch den Prüfungsauftrag selbst durch Anordnung der Finanzstrafbehörde als anhängige Finanzstrafverfahren anzusehen sind.
Resümee
Dahingehend sind aus Beratersicht auf jeder Prozessstufe, nicht nur bei Erstattung der Selbstanzeigen nach § 29 FinStrG, die möglichen „Querschläger“ mitzubedenken, damit man nicht auf der einen Seite Strafaufhebung bewirkt und auf der anderen Seite geradezu ein anderes strafbares Verhalten offenbart. Bei laufenden kritischen Betriebsprüfungen, unabhängig davon, ob es sich um eine solche nach § 147 BAO oder eine i.V.m. 99-F handelt, sind – je nach Rechtzeitigkeitsüberlegungen – daher im Rahmen des 7-Stufen-Modells auf jeder Prozessstufe die dahingehenden strategischen Überlegungen und Lösungen durchzudenken.
Die Autoren
RA Dr. Christian Eberl ist als Rechtsanwalt ausschließlich im Finanzstrafrecht tätig und hat sich u.a. auf die Begleitung der Steuerberater bei kritischen Betriebsprüfungen spezialisiert.
RA Mag. Beate Kiewlicz ist Rechtsanwältin im Wirtschaftsstrafrecht und u.a. auf die Schnittstellen des allgemeinen Strafrechts zum Finanzstrafrecht spezialisiert.
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